Heutzutage findet ein beträchtlicher Teil des Lebens vieler Menschen online statt. Kein Wunder also, dass Privatsphäre und Datenschutz im Internet auch in Deutschland zu einem mehr als relevanten Thema geworden sind. Das öffentliche Bewusstsein für die Notwendigkeit, persönliche Daten im Netz zu schützen, wächst und damit steigt auch das Bedürfnis danach, Tools und Produkte zu nutzen, die eine solche Sicherheit gewährleisten. Das ist sicherlich ein Grund für die gesteigerte Aufmerksamkeit, die dem sogenannten Tor Browser zuteilwird. Aber was genau ist Tor und wie steht es bei dem speziellen Browser tatsächlich um Sicherheit, Privatsphäre und Anonymität? Diese und weitere Fragen rund um Tor werden im folgenden Artikel beantwortet.
The Onion Router: Was ist der Tor Browser eigentlich?
Spätestens seit der Fall Edward Snowden publik wurde, hat wohl jeder schon einmal von Tor gehört. Tor steht für “The Onion Router” und ist eine Open-Source Software, die seit 2002 besteht und seit 2006 offiziell von der Non-Profit Organisation “The Tor Project” weiterentwickelt wird. Der Browser, der oberflächlich betrachtet wie Google, Opera und Co. aussieht, basiert auf Firefox und leitet sämtliche Daten durch das Onion beziehungsweise Tor Netzwerk. Onion, zu Deutsch Zwiebel, ist dabei kein zufällig gewählter Begriff, sondern steht vielmehr symbolisch für die aus vielen Schichten bestehende Verschlüsselung, für die die Anwendung bekannt ist.
Die Verschlüsselung, die Maßstäbe in Sachen sicherer Datenverkehr setzt, setzt sich aus drei Ebenen zusammen. Vereinfacht gesagt werden die Daten ausgehend vom Ausgangsserver über drei Netzwerkknoten, die jeweils zufällig ausgewählt werden, geleitet. Mit dem Erreichen jedes Knotenpunkts reduziert sich das Datenbundle um eine Verschlüsselungsschicht, bis es schließlich beim Zielserver, zum Beispiel einer Website, angelangt. Durch den Weg zwischen Ausgangs- und Zielserver wird sichergestellt, dass sich die Identität des Nutzers nicht beispielsweise anhand der IP Adresse entschlüsseln lässt. Bekannt ist Tor außerdem als “Eintrittskarte” ins Darknet, einen Bereich des Internets, der nicht mit herkömmlichen Browsern betreten werden kann.
Infos zum Onion Netzwerk
Ursprünglich wurde das Tor Netzwerk vom US Naval Research Laboratory mit Hauptsitz in Washington, das der US Navy und den US Marine Corps als Forschungslabor dient, entwickelt, um militärische Missionen geheim zu halten. Mit diesem Wissen im Hinterkopf erscheint es plötzlich absolut logisch, dass Anonymität und Datenschutz bei Tor im Mittelpunkt stehen. Heute wird das Tor Netzwerk von Freiwilligen gepflegt und aufrechterhalten, wobei die Weiterentwicklung hauptsächlich von der bereits erwähnten Organisation “The Tor Project” vorangetrieben wird.
Wer nutzt den Tor Browser?
Anders als so mancher vielleicht vorschnell urteilend annehmen mag, wird der Tor Browser längst nicht nur für kriminelle Machenschaften genutzt. Zwar gibt es im Darknet allerhand illegale Aktivitäten, wie etwa Drogen-, Waffen- und sogar Menschenhandel, doch zum einen macht dies nur einen Teil des Darknets aus und zum anderen muss man mit Tor nicht unbedingt ins Darknet gehen. Sehen wir uns also an, was Nutzer dazu animiert, den Tor Browser zu verwenden:
Menschen in Ländern mit Internetzensur
Wer in Deutschland lebt, kann es sich nur schwer vorstellen, doch längst nicht überall auf der Welt kann man sich online so frei und einschränkungslos bewegen, wie es hierzulande möglich ist. In China ist es zum Beispiel gar nicht so leicht, im Internet an Informationen zu kommen oder die gängigen Social Media Kanäle zu nutzen, denn dort hat die Regierung umfangreiche Sperren verhängt, die über 10.000 Websites betreffen. Der Online Datenverkehr unterliegt in solchen Ländern, zu denen auch Russland und die Türkei gehören, einer strengen Überwachung, die die Bevölkerung mitunter umgehen kann, indem sie Tor verwendet.
Aktivisten, Oppositionelle und gefährdete Personengruppen
Aktivisten, Oppositionelle und andere Personengruppen, die sich aufgrund einer (staatlichen) Überwachung in Gefahr wähnen, greifen ebenfalls auf den Tor Browser zurück, um Informationen auszutauschen und gegebenenfalls Aktionen zu planen.
Whistleblower und Journalisten
In der Vergangenheit haben mehrere Fälle eine Verbindung zwischen Tor und Whistleblowern geschaffen, was natürlich großen Sinn ergibt. Ebenso wird das Tor Netzwerk von Journalisten zur Kommunikation mit gefährdeten Personengruppen oder etwa Whistleblowern sowie zur Informationsbeschaffung genutzt.
Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste
Selbstverständlich ist der Tor Browser auch Strafverfolgungsbehörden bekannt, die das Netzwerk mitunter aufsuchen, um kriminellen Aktivitäten auf die Spur zu kommen und an Informationen, die im Zuge von Ermittlungen von Relevanz sind, zu gelangen. Daneben zählen logischerweise Geheimdienste zu den Tor Nutzern.
Menschen, die ihre Online Aktivitäten geheim halten wollen
Letztendlich sind die Nutzer Personen, die ihre Privatsphäre schützen und das, was sie online treiben, geheim halten möchten. Entweder, weil sie tatsächlich etwas zu verbergen haben, oder aber ganz einfach aus Datenschutzgründen, wie sie Jedermann betreffen können.
Anonymität: Wie anonym ist man mit dem Tor Browser?
Die Verschlüsselungsmethode des Tor Browsers sorgt dafür, dass ein deutlich höheres Maß an Anonymität gegeben ist als es bei einem herkömmlichen Browser der Fall ist. Aber: Auch Tor kann keine 100% Anonymität garantieren. Zwar unterliegen IP Adresse, Standort und Datenverkehr grundsätzlich der Anonymisierung, allerdings findet die Übertragung zwischen drittem Knotenpunkt und Ziel- beziehungsweise Exitserver unverschlüsselt statt. Diese Schwachstelle führt dazu, dass Dritte potenziell an Informationen bezüglich der besuchten Websites kommen können. Hinzu kommt die immer bestehende Möglichkeit eines Daten Lecks durch menschliches Versagen. Als Nutzer ist man selbst in der Verantwortung, sich auch innerhalb des Tor Netzwerks achtsam zu bewegen und keine persönlichen Daten preiszugeben. Wer sich beispielsweise mit seiner E-Mail Adresse auf einer Seite registriert, kann nicht dem Tor Browser die Schuld geben, wenn diese E-Mail Adresse bekannt wird. Ein Browser kann also dabei helfen, anonym zu surfen, doch auch der User muss seinen Teil dazu beitragen.
Sicherheit: Datenschutz und Privatsphäre im Onion Netzwerk
Was für die Anonymisierung im Tor Netzwerk gilt, betrifft selbstverständlich auch die Sicherheit in Bezug auf den Schutz von Daten und Privatsphäre. Die Identität, die IP Adresse und somit die Privatsphäre sind relativ gut geschützt, allerdings nicht zu 100%. Wieder spielen zwei Schwachstellen eine Rolle: Der unverschlüsselte letzte Übertragungsweg zwischen drittem Kontenpunkt und Exit-Knoten sowie das Anwenderverhalten des Users selbst.
Tor vs. VPN
Die Annahme, das Tor Netzwerk sei eine Art VPN, ist erstaunlich weit verbreitet. Dabei handelt es sich eindeutig um ein Irrtum. Innerhalb des Tor Netzwerks wird der Datenverkehr wie bereits geschildert über drei zufällig gewählte Server geleitet, wobei die Verschlüsselung mit jedem Server um jeweils eine Schicht abnimmt. Bei einem VPN verbindet man sich hingegen von Anfang an über einen vom eigenen Standort abweichenden Server mit einer “fremden” IP Adresse, der von den VPN Services bereitgestellt wird. User haben je nach Anbieter Zugang zu hunderten oder sogar tausenden Servern auf der ganzen Welt, über die sie online gehen können. Zumeist kommt eine 256-Bit Verschlüsselung zum Einsatz, die den gesamten Prozess umfasst. Sowohl der Tor Browser als auch ein VPN tragen demnach zu mehr Privatsphäre bei, sind aber eben nicht dasselbe.
Sicher surfen mit Tor und VPN
Wer maximal sicher online unterwegs sein will, sollte Tor und einen VPN Service kombinieren. Für den Standard-Anwender ist dies die wohl praktikabelste und alltagstaugliche Methode, um rundum gut geschützt zu surfen. Tor und ein VPN können auf diesen beiden Wegen zusammenspielen:
Tor over VPN
Die einfachste Option ist es, zuerst die VPN Verbindung aufzubauen und im Anschluss den Tor Browser zu nutzen. So kann der Internetanbieter nicht erkennen, dass Tor verwendet wird, und IP Adresse, Standort und Identität bleiben natürlich geschützt. Lediglich das Exit-Server Problem wird dadurch nicht gelöst.
VPN over Tor
Die etwas kompliziertere Variante schafft dank Umgehung der unverschlüsselten Übertragung von drittem Knoten zu Exit-Server noch mehr Schutz, indem zuerst eine Tor und dann eine VPN Verbindung hergestellt wird. Hierfür muss allerdings eine manuelle Konfiguration des VPN Services stattfinden, weshalb etwas Know-How vonnöten ist. Ein Nachteil: Die Tor Nutzung bleibt für den Internetanbieter ersichtlich, weshalb in aller Regel “Tor over VPN” empfohlen wird.
Test Vergleich VPN Anbieter
Möchte man einen VPN Service buchen, mit dem man auch langfristig zufrieden sein kann, ist es unerlässlich, vorab verschiedene Angebote zu checken, Test Berichte und gegebenenfalls Ratgeber zum Thema zu lesen und die Anbieter miteinander zu vergleichen. Nachfolgend stellen wir zwei VPN Produkte vor, die online Top Bewertungen erhalten:
CyberGhost
Der rumänische VPN Dienst CyberGhost zählt zu den wohl bekanntesten Anbietern von virtuellen privaten Netzwerken und erfreut sich eines tadellosen Rufs. Je nach Tarif kostet die VPN Nutzung den User minimal 2,75€ pro Monat. Dafür kann auf über 6.200 VPN Server in rund 90 Ländern dieser Welt zugegriffen werden, wobei eine standardmäßige 256-Bit Verschlüsselung, Kill Switch und verschiedene bewährte Server Protokolle für einen hohen Sicherheitsfaktor und eine geschützte Kommunikation sorgen.
NordVPN
Die Firma NordVPN hat ihren Sitz in Panama und stellt Nutzern rund 5.400 Server in 54 Ländern zur Verfügung. Auch dieser Anbieter schützt seine Nutzer mit einer 256-Verschlüsselung, Kill Switch und einer Auswahl an manuell selektierbaren Server Protokollen, wofür monatlich mindestens 3,30€ anfallen.
CyberGhost
Tor Browser: Was ist legal, was nicht?
Zusammen mit einem VPN genutzt, kann der Tor Browser den Aufenthalt im Internet maximal sicher und anonym machen. Doch ist es überhaupt legal, Tor zu verwenden? Handelt es sich dabei nicht lediglich um ein Instrument, mit dem Darknet Seiten besucht und illegale Aktivitäten unter dem Deckmantel der Privatsphäre betrieben werden? Wahr ist, dass Tor der Zugang zum Darknet sein kann, während das über herkömmliche Browser, beispielsweise mit der Standard-Version von Firefox, nicht funktioniert. Wahr ist auch, dass Kriminalität in diesem “dunklen Bereich” des Internets keine Seltenheit ist.
Der wichtigste Hinweis ist aber: Den Tor Browser zu verwenden ist an und für sich absolut legal. Zum einen muss man das Darknet mit Tor überhaupt nicht betreten. Dies ist lediglich eine Möglichkeit, die keinesfalls genutzt werden muss. Zum anderen ist auch das Dark Web nicht pauschal als illegal zu bewerten, denn auch dort gibt es jede Menge Seiten, die sich vollumfänglich in legalem Rahmen bewegen. Genau wie beim Sicherheitsthema kommt es im Endeffekt also auf den Nutzer selbst und auf das, wie und wofür er Tor einsetzt, an. Wer den Tor Browser nicht anders nutzt als etwa Google, kann dies ganz beruhigt und reinen Gewissens tun.
Etwas mehr Vorsicht ist geboten, wenn man sich tatsächlich ins Darknet begibt. Dann besteht die potenzielle Gefahr, illegale Inhalte versehentlich aufzurufen und sich somit unwillentlich strafbar zu machen. Dies ist die kritische Seite des Tor Browsers, derer man sich unbedingt bewusst sein sollte. Ein verantwortungsvoller Umgang und eine gewisse Selbstkontrolle darüber, keine Websites mit offensichtlich illegalem Content zu öffnen, tragen dazu bei, dass der Tor Browser genutzt werden kann, ohne dabei die Grenzen der Legalität zu überschreiten.
Wofür eignet sich Tor?
Tor eignet sich dafür, die Nutzung des Netzes anonymer zu gestalten und natürlich auch für das Erkunden des Darknets. Verbunden mit einem VPN Anbieter stellt der Tor Browser eine gute Option dar, die IP Adresse zu verschleiern sowie den Standort und letztlich die Identität zu schützen. Da die Internet Geschwindigkeit durch das Umleiten der Daten über mehrere Knotenpunkte auf der ganzen Welt allerdings unter Tor leidet, zählen Streaming und der Download großer Datenmengen nicht zu den Stärken des Tor Browsers. Für das Schauen von YouTube, Netflix und Co. eignet sich Tor folglich nicht und auch Filesharing ist nicht möglich.
Überblick: Tor Browser Vor- und Nachteile
Abschließend fassen wir die Vor- und Nachteile des Tor Browsers übersichtlich zusammen:
Tor Vorteile
- Open Source
- Keine Logfiles
- Komplett kostenlos
- Maximale Anonymität in Verbindung mit einem VPN
- Einfache Bedienung
- Nutzerfreundliche Oberfläche
- Möglichkeit, ins Darknet zu kommen
- Informative Website über das Tor Projekt, die jeder einsehen kann
Tor Nachteile
- Verlangsamt die Geschwindigkeit
- Keine deutschsprachige Version
- Nicht für iOS Smartphone verfügbar
- Ungeeignet für Filesharing und Streaming
FAQs
Ist Tor kostenlos?
Ja, der Tor Browser kann gratis heruntergeladen werden und auch die Verwendung verursacht keine Kosten – ein klarer Vorteil. Anders sieht es beim zusätzlich empfohlenen VPN aus: Hierfür fallen in aller Regel gewisse Kosten an, die sich mit einem Tarif mit längerer Laufzeit jedoch stark reduzieren lassen.
Ist Tor der sicherste Browser?
Dazu, welcher Browser der sicherste ist, hat selbst unter Experten nahezu jeder eine eigene Meinung, weshalb diese Frage kaum pauschal beantwortet werden kann. Im direkten Vergleich mit herkömmlichen Browsern, wie etwa Google oder Safari, schneidet Tor jedoch eindeutig am besten ab, wenn es um sicheres, möglichst anonymes Surfen im Internet geht.
Kann man Tor auch auf dem Smartphone nutzen?
Ja, das ist kein Problem. Zumindest dann nicht, wenn man ein Android Smartphone besitzt. Mit dem iOS Betriebssystem kann Tor bis dato nicht genutzt werden.
Gibt es Alternativen zu Tor?
Wer nach einer Alternative zum Tor Netzwerk sucht, sollte sich diese Browser und Softwares genauer ansehen:
- Brave
- I2P Netzwerk
- Psiphon
- Windscribe
Fazit: Sichere Kommunikation mit dem Tor Netzwerk
Keine Frage: Ein gutes VPN und der Tor Browser sind eine starke Kombi, mit der man maximal anonym und geschützt im Internet unterwegs sein kann. Wer Einbußen in Sachen Geschwindigkeit einkalkuliert und darauf achtet, keine unbekannten Links anzuklicken oder Darknet Seiten zu öffnen, ist mit dem Tor Browser zweifelsohne gut beraten.